In den frühen Morgenstunden Anfang Mai 2011, kurz nach Mitternacht, näherte sich die Aeroflot-Maschine, eine Boeing 767, Peking, der Hauptstadt Chinas. Da der Anflug aus Richtung Nord-West (Mongolei) erfolgte, der Pekinger Flughafen sich aber an der nord-östlichen Seite der Stadt befindet, konnte ich aus dem Fenster bei klarem Wetter verfolgen, wie die Maschine die erleuchtete Stadt südwärts nahezu umrundete. Scheinbar ist der Luftraum über Peking gesperrt, da ich niemals ein Flugzeug oder einen Hubschrauber in den folgenden drei Monaten meines Aufenthaltes die Stadt überfliegen sah. Ich hatte so einen ersten Eindruck dieser neuen Dimension, die mich bis heute beeindruckt und meine Einstellung zu China und Europa für immer beeinflussen wird.
Das Visum erhielt ich nach wenigen Tagen Wartezeit an der Botschaft in Berlin. Es war zwei Monate gültig und wurde später über eine noch zu beschreibende Prozedur um einen Monat verlängert.
Senkrecht zueinander und meist geradlinig verlaufend, durchziehen die Straßen die Stadt. Dabei mißt die längste waagerechte Ausdehnung ca. 45 km, die schnurgerade durch das Zentrum verläuft. Peking ist konzentrisch von fünf Schnellstraßen- bzw. Autobahnringen umgeben.
Ich durfte als Deutscher durch die Paßkontrolle "Nur für Chinesen". Dabei mußte ich in ein Erkennungsgerät schauen. Schnell stand ein Taxi bereit. Es gibt sie im Überfluß, wie man noch auf den Fotos sehen wird. Meist sind es recht neue Fahrzeuge, vor allem von Hyundai aus Süd-Korea.
Die Fahrt vom Flughafen in das Zentrum Pekings kostet ungefähr 6 Euro und dauert 45 Minuten. Es fährt auch ein Express-Zug, aber nicht nach Mitternacht.
Der chinesische Yuan ist an den Dollar gekoppelt. Während meines Aufenthaltes in China war der Wechselkurs 1€ = 1,43 $. Ich bekam also damals für einen Euro ca. 9,2 Yuan. Alle noch genannten Preise beziehen sich auf diesen Kurs.
Der Taxifahrer fuhr auf die Schnellstraße nach Peking, Richtung gebuchtem Hotel. Die Straße war hell beleuchtet, zu nächtlicher Stunde fast leer, ohne irgendwelche ausgebesserte Stellen und ganz sauber. Die Hecken im Mittelstreifen schienen wie nach dem Lineal beschnitten. Das entsprach eigentlich nicht meinen Vorstellungen. Irgendwann sah ich dann doch einen LKW mit defekten Rücklichtern. Trotzdem, ich war irgendwie erstaunt. Das Hotel einfach und ruhig, nichts besonderes.
Am nächsten Tag ging ich zur Bank. Vor der Tür stand ein Wachmann mit Stahlhelm und Knüppel. Am Eingang der Bank mit modernem Ambiente zog ich eine Nummer und wartete bequem auf einer Ledersitzbank auf den Aufruf. So geht es in jeder Bank in Peking zu. Alle haben einen Wachmann, der mitunter freundlich die Nummer zieht. Warteschlangen gibt es nicht. Mit meiner deutschen Maestro-Card hatte ich nie ein Problem. Die Mehrheit der Pekinger Banken akzeptiert diese.
Nun wurde es Zeit, sich um Wohnraum für die nächsten drei Monate zu kümmern. Wir, eine ehemalige chinesische Freundin und ich, fuhren zu einer Immobilien-Agentur, die es wie Sand am Meer gibt. Es sind meist Ketten. Wir gingen in einen Geschäftsraum mit großer Schaufensterscheibe, wo durchweg junge Frauen und Männer, gut angezogen, vor Computern ihren Dienst taten. Sofort brachte man uns Wasser zum Trinken. Die junge Filialleiterin bat uns in einen separaten Raum zwecks Offerierung der Angebote. Drei Wohnungen schauten wir uns gemeinsam an. Für die erste zeigten wir Interesse. Ungefähr 60 m2, zwei Räume mit Duschbad und Küche. Eingerichtet, aber spärlich. Und auch etwas verstaubt. Ohne Tapeten. In der Ecke des Wohnzimmers eine moderne Klimaanlage, Kochen in der Küche mit Gas. Das Haus hatte 28 Etagen, wir wohnten in der 12. 3-4 Fahrstühle, je nach Tageszeit in Betrieb, meist voll und nie defekt. Unten im Haus gab es einen kleinen Supermarkt sowie ein Restaurant und daneben Eßküchen mit einfachen chinesischen Spezialitäten. Später erfuhren wir, dass es günstiger ist, direkt von privat zu mieten. Ohne Maklergebühr und Kaution.
So konnte der Mietvertrag mit dem herbeigeholten Eigentümer unterschrieben werden. Miete pro Monat 350 €. Plus eine Monatsmiete Maklergebühr, plus 350 € Kaution. Nebenkosten gering. Strom im Monat um die 5 €, später mit Klimaanlage mehr. Für den Strom gibt es eine Plastikarte, die man auf einer Bank aufladen läßt und sie danach in einen Schlitz am Strom-Zähler steckt und wieder mitnimmt.
Auf dem Foto oben ist das Olympia-Schwimmstadion zu sehen. Es ist für die Öffentlichkeit zugänglich. Aber nicht so ohne weiteres. Man darf keine bestimmten Krankheiten haben, z. B. mit der Haut. Es wird ein Arzt-Check verlangt, der u. a. einen normalen Blutdruck nachweist. Und, vor dem Sprung in´s tiefe Wasserbecken muß eine kleine Schwimmprüfung absolviert werden. Das ganze war für mich insofern interessant, als dass der Staat hier praktisch die Verantwortung für das Wohl des Bürgers übernimmt.
Die Wohnumgebung: Mein Leben zwischen den Chinesen
Diese möchte ich nun näher beschreiben. Übrigens, ich war wohl der einzige Ausländer im gesamten Wohnbezirk. Habe immer nur Chinesen gesehen.
Die nächste U-Bahnstation war Datunlu-East und befand sich in der Nähe. Der Stadtbezirk liegt im zentralen Norden Pekings, 20 min. Fußweg vom nördlichen Olympia-Park entfernt.
Ich wohnte in einem der Häuser, links auf dem Foto oben. Neben dem Text ist der Stadtteil von der anderen Seite zu sehen. Man kann die verschiedenen Farbtöne der Gebäude erkennen. Es gibt keine grauen Fassaden.
Wenn ich aus dem Eingang meines Hauses kam, saßen oft sowohl ältere als auch jüngere Leute auf der Einfassung der Treppe und leisteten den Verkäufern eines Gemüsestands Gesellschaft. Schräg gegen über befanden sich einige Mülltonnen, die in der Sonne standen und meist offen waren. Weiter weg war eine Art zentrale Müllerfassungsstelle, wo Arbeiter alles auf einen LKW packten. Keine leichte Arbeit in der Hitze und zumindest für sie eine starke Geruchsbelästigung. Nicht zu vergessen, hier leben Tausende von Menschen auf engem Raum in hohen Häusern. Ein paar Meter weiter reparierte ein Mann, umringt von Kindern und anderen Personen, Fahrräder. Alles unter freiem Himmel.
In der ersten Maihälfte wehte noch ein frischer, kühler Wind aus Nordwest (Mongolei). Den berüchtigten Sandsturm aus dieser Richtung konnte ich nicht erleben. Ab dem letztem Mai-Drittel stiegen die Temperaturen auf täglich zwischen 30-35 Grad Celsius. Über 1,5 Monate kein Regen mehr. Immer konstant heiß. Auch während der Nächte. Die Benutzung der Klimaanlage brachte Linderung. Ich kaufte mir gern gekühltes Bier. Die Flasche 0,6 l kostete um die 30 Cent, in den Restaurants 70 Cent. Es schmeckte gut, ähnlich wie das deutsche. Wenn ich aus dem Fenster meines Schlafzimmers schaute, hatte ich das Wohnviertel von reicheren Leuten im Blick. Ein riesiges Areal, umzäunt und immer von Wachmännern in schicken Uniformen bewacht. Man kommt nicht ohne weiteres hinein, im Gegensatz zu anderen Vierteln, wo auch Wachmänner stehen, aber man einfach hindurchgehen kann. Mit Hilfe eines Maklers konnte ich es jedoch ausgiebig besichtigen und habe dies mit einigen Fotos (unten) festgehalten. Dieses Gebiet hat eigene Restaurants und sogar einen kleinen Tierpark mit wunderschönen Pfauen.
Typisch für Peking ist, dass es auf engstem Raum große soziale Unterschiede gibt. Wirklich nur wenige Meter entfernt, quer über eine Nebenstraße, tritt man in eine völlig andere Welt des Komforts ein. Ich staunte immer wieder darüber. Eingangshallen, Fahrstühle, Lampen - wirklicher Luxus. Hatte ich so noch nicht in deutschen Wohngebäuden gesehen. Auch die Umgebung, sehr gepflegt. Die Hecken beschnitten, Blumenrabatten, dazwischen Bänke, manchmal Springbrunnen. So sind natürlich auch die Mieten bzw. Kaufpreise der Wohnungen unterschiedlich. Es ergab sich die Gelegenheit, zwei vermietbare, eingerichtete Luxuswohnungen zu besichtigen. In Hochhäusern, 150-160 m2 groß. Zwei Bäder. Die Küchen mit deutschen Geräten und Schränken bestückt. Mietpreise zwischen: 950.- bis 1400 €/Monat. (evtl. incl. Nebenkosten)
Das, was ich in Peking täglich beobachten konnte, war eine Leistungsgesellschaft pur. Ich hörte, dass die USA für vieles das Vorbild sind. Der eine möchte gerne dort noch seinen PhD (Dr.) machen, ein anderer vielleicht eine Zeitlang in den USA arbeiten oder studieren. Ich traf jedoch keinen, der mir sagte, dass er in Deutschland arbeiten möchte. Eher dort Maschinenbau studieren oder nur mal eine deutsche Autofabrik besichtigen. Jeder hat etwas gemäß seinen Fähigkeiten zu tun. Das normale Gehalt beträgt ungefähr 200 - 400 €/Monat für die breite Masse.
Dagegen kann der leitende Ingenieur eines großen Projektes durchaus mehr Netto verdienen, als sein deutscher Kollege.
Allerdings sind die Lebenshaltungskosten sehr niedrig im Vergleich zu Deutschland. So kostet ein 5 kg Sack Reis zwischen 1,80 bis 2 €. Eine Fahrt mit der Metro 22 Cent. Bus zwischen 4 bis 12 Cent. Essen im Restaurant zu zweit 7-8 €. Trinkgeld ist nicht geläufig.
In meiner Nachbarwohnung lebten mehrere junge Leute. Eine Wohngemeinschaft. Ich begegnete im Haus auch Rentnern oder jungen Ehepaaren. Es war ruhig. Niemand war laut in der Nacht oder rücksichtslos mit dem Fernseher. Mich störte etwas, dass es im Treppenhaus, in und außerhalb der Fahrstühle, nicht sauber war, obwohl regelmäßig gereinigt wurde. Ganz im Gegensatz zu den blitzblanken Straßen und Parks Pekings und teuren Wohnungen. Soziale Unterschiede eben.
In den billigeren Wohnungen leben auch viele Leute, die vom Lande nach Peking gezogen sind und sich allmählich an das Stadtleben anpassen werden. Wegen der gewaltigen Einwohnerzahl Chinas (1,37 Milliarden) kann nicht jeder beliebig nach Peking ziehen. Er braucht eine Erlaubnis von den Meldebehörden. Auch ein "Tourist" wie ich, muß sich bei der Polizei melden. Eine Formsache. In der Nähe meiner Wohnung gab es viele kleine Unternehmungen, so auch, wie es das untere Bild zeigt. Diese Leute arbeiten immer, verdienen sich ihr Brot zum Leben. Ich habe einen großen Respekt vor ihnen bekommen.
Links auf dem Foto ist gut zu sehen, wie mehrere Arbeiter einen kleinen Park pflegen. Dies kann man oft in Peking beobachten. Es gibt für diese Tätigkeiten genügend Arbeitskräfte. Die Leute machen in der Mittagshitze ihre Pause im Schatten der Bäume. In kleinen blechernen Trinkgefäßen ist Wasser zum Durstlöschen, in Kübeln werden einfache Speisen, wie Reis und Suppen, bereitgestellt. Mir scheint, dass viele dieser Arbeiter ländlichen Ursprungs sind. Jedoch, sie machten mir einen entspannten, irgendwie zufriedenen Eindruck. Ich grüßte sie manchmal und ein kleines Lächeln kam zurück.
Unten ist ein Kindergarten zu sehen, der sich unmittelbar in meiner Nachbarschaft befand. In China gibt es offiziell die Ein-Kind-Politik, um das Bevölkerungswachstum zu steuern. Mit Ausnahmen. So dürfen Paare, die selbst aus Einkindfamilien stammen, zwei Kinder haben. Geschiedene, die wieder heiraten, auch. Minderheiten dürfen mehr wie ein Kind haben. Auf dem Lande wird die Ein-Kind-Politik nicht so streng ausgelegt. Da aus traditionellen Gründen ein Sohn als Nachkomme bevorzugt wird, ist es den Ärzten verboten, nach Ultraschalluntersuchungen das Geschlecht des Kindes mitzuteilen, um Abtreibungen vorzubeugen. Mir fiel aber nicht auf, dass es mehr Jungen als Mädchen in Peking gibt.
Ich denke, dass die Regierung in der Lage sein dürfte, durch demographische Prognosemodelle eine Vergleichmäßigung der Bevölkerungsstruktur hinsichtlich der Zukunft durch entsprechende Regelungen herzustellen.
Dieses kleine Dreirad stand oft vor dem Hauseingang. Es wurde mir gesagt, dass es gerne von behinderten Leuten benutzt wird, um mobil zu sein. Aber auch andere Fahrzeuge für diesen Personenkreis mit E-Antrieb sind vorhanden. Auf dem linken Foto ist mein Stamm-Supermarkt zu sehen. Unten erkennt man rechts ein großes langes Gebäude mit einer Vielzahl verschiedener Restaurants. Es sei hier jedoch erwähnt, dass ich es interessant fand, wenn hübsche Chinesinnen, teilweise in bunten Trachten der Regionen, animierend zum Eintritt, auf die Passanten zugingen. Aber, meine Erfahrung mit der Zeit war, gerade nicht in solche Restaurants zu gehen, sondern eher in die ohne Animation.
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