Meinen ersten Eindruck von der Pekinger Polizei, in diesem Fall von der Grenzpolizei, hatte ich kurz nach der Ankunft auf dem Flughafen an der Paßkontrolle. Wie ich schon in einem anderen Post schrieb, konnte ich den Schalter "Nur für Chinesen" benutzen. Und das in einem kommunistischen Land. Paßte nicht in mein Weltbild. Der Beamte war schnell, wie so vieles in China, korrekt und nicht unfreundlich. Dieser positive Eindruck machte mir etwas Mut für die kommende Zeit. (Bemerkung: Einige Fotos wurden mit verunreinigter Fotolinse aufgenommen)
Da mein Visum nur zwei Monate gültig war, mußte ich zu einer Behörde gehen, um es um einen Monat verlängern zu lassen. Sie befindet sich in einem großen Gebäude. Nach dem Hinaufsteigen einiger Treppenstufen, sah ich die Warteflächen, wo man sich setzen konnte. Am Informationsschalter gab eine Polizistin in fließendem Englisch Auskunft über die Bedingungen. Es war ein Formular auszufüllen, nebst Anlage der polizeilichen Meldebescheinigung und einem Passfoto.
Aber nun kam der wesentliche Punkt: Vorlage eines Bankzertifikats, das auf einem chinesischen Bankkonto für jeden Tag des zu verlängernden Monats mindestens 100 US$ nachzuweisen sind.
Machte also in meinem Fall ca. 3.000 US$. (2.200 €)
Nachweise von deutschen Banken werden wegen Betrugsmöglichkeit nicht akzeptiert.
Der Staat China möchte nicht, dass Ausländer ohne genügende Mittel in das Land kommen, die er dann u. U. versorgen muß.
Also suchte ich mir eine chinesische Bank, die es in Fülle gibt und eröffnete am Sonntagnachmittag mein chinesisches Konto. Übrigens, die Banken sind jeden Tag geöffnet, wie auch die Supermärkte. Gleichfalls wird auf Baustellen gearbeitet. Büro-Firmen sind Sonnabend und Sonntag geschlossen.
Meine Nummer war dran und ein freundlicher, junger Bankangestellter nahm meinen Wunsch entgegegen. Der Reisepass war ihm zu zeigen, denn ohne diesen geht für einen Ausländer auf einer Bank in China gar nichts. Nach der Aufnahme der Daten sollte ich mir unverzüglich eine 6-stellige Code-Nr. für meine Bankcard ausdenken. Diese gab ich in ein kleines Terminal ein und hielt schon wenige Minuten später ganz stolz meine blaue chinesische Bank Card in den Händen. Der erste Schritt war also recht schnell getan.
Nun gab´s nur die Möglichkeit, in den folgenden Tagen das Äquivalent in Yuan von je 500.- € Cash mit der deutschen Bank Card vom Automaten zu ziehen, der die Bedienfelder auch in deutscher Sprache anzeigen kann. Danach ging´s mit dem Bündel Geldscheine sofort zur Bank für die Einzahlung. Nach ein paar Tagen war die geforderte Summe aufgefüllt und das Zertifikat in meinen Händen, der zweite Schritt für die Visumsverlängerung damit getan.
Sämtliche Bankangestellte machten einen ausgesprochen guten Eindruck auf mich. Wie besonders ausgesucht.
Zurück zur Behörde und Abgabe der Unterlagen. Die junge Beamtin, in der schicken dunkelblauen Polizeiuniform, war nicht nur angenehm anzusehen, sondern sprach wie scheinbar alle dort bestes Englisch. Nach 4 Tagen sollte alles OK. sein. So war es denn auch. Soweit ich mich erinnere, kostete die Verlängerung 17 €.
Kurz vor der Abreise ließ ich mir das Geld in bar in € wieder auszahlen und nahm es nach Deutschland mit. Inzwischen denke ich, es wäre besser gewesen, es dort auf meinem Konto zu belassen.
Als ich vom ersten Gang zur Visa-Behörde in die Wohnung zurückkam, stellte ich fest, dass irgendetwas nicht stimmte. Aber was ? Ich schaute mich um, jedoch alles in Ordnung. So dachte ich zumindest. Dann ein Blick dahin, wo immer mein neuer Fotoapparat Panasonic TZ 10 nebst dem abgeschalteten Nokia-Handy lag. Ich konnte da nichts liegen sehen. Den gewohnten Anblick gab es nicht mehr. Der Platz war leer. Ich bekam einen richtigen Schreck und lief in mein Schlafzimmer zum Kleiderschrank, wo Personalausweis, 180 € sowie um die 90 Yuan lagen. Das chinesische Geld war verschwunden, die Euros noch da ( kein gutes Zeichen für die Zukunft), ebenso mein PA. (Ein Chinese kann keine Euros auf der Bank in die heimische Währung tauschen.)
Also, ein Dieb hatte die Wohnung betreten. Nur, wie ? Doch nicht möglich. Die Tür war verschlossen. Allerdings, das Schloß nicht beim Einzug ausgewechselt worden, was sofort nachgeholt wurde.
Es gab nur noch eine Möglichkeit. Durch das offen gelassene Schiebeküchenfenster. Darunter ein weiter Lichtschacht von 25 m Tiefe (12. Etage). Schräg rüber, nur mit einem sehr großen Schritt zu erreichen, das offene Etagen-Flurfenster. Da hinüberzusteigen, diesen Gedanken verwarf ich sofort wieder. Nein, auch ein chinesischer Dieb ist nicht so lebensmüde, sagte mir mein deutsches, naives Gemüt.
Nochmals schaute ich mir vom Flurfenster diesen "Weg" an. Nein, einfach nicht möglich.
Einen Tag später war ich mit chinesischer Begleitung auf dem nächsten Polizeirevier. Der freundliche Polizist nahm alle notwendigen Daten auf. Danach Warten auf die drei Kollegen von der Spurensicherung. Diese kamen nach einer Stunde von einem Einsatz zurück. Junge Leute in dunkelblauen, dünnen Pullovern mit der Aufschrift "Police" in kleinen Buchstaben.
Ich konnte gleich mit ihrem Auto zu meiner Wohnung mitkommen. Als wir die Wohnung betraten, fragte einer der Polizisten, ob das Küchenfenster offen gewesen wäre. "Ja", sagte ich. "Da ist er durch", war seine schnelle Antwort. Meine traurigen Augen wurden ganz groß. "Da ist er durch", hatte er gerade gesagt. Da wurde mir zum ersten Mal klar, dass ich in einer anderen Welt lebte. Nicht wegen des Diebstahls, die gibt es in Berlin auch genug, sondern dass ein Mensch solch einen Mut hatte, für ein wenig Geld sein Leben zu riskieren.
Und es ging mir nun durch den Kopf, dass es viele Bauarbeiter in Peking gibt, die in luftigen Höhen täglich ihre Arbeit tun. Als Ausländer wird man beobachtet. Ich hatte mein Lehrgeld gezahlt, dazu- gelernt. Leider blieb ein Gefühl der Unsicherheit zurück.
Tatsächlich, die Polizei stäubte die verdächtigen Stellen ein, fand die Fingerabdrücke des Diebs sowohl am Flurfenster- als auch am Küchenfensterrahmen, wo er sich festgehalten hatte - und an meinem Personalausweis. Meine Fingerabdrücke wurden zur Referenz genommen. Trotzdem, wir nahmen alles nicht ganz so tragisch, obwohl ärgerlich.
Dies war meine aufregende Begegnung mit der Pekinger Polizei, die mir gerne geholfen hätte. Ich bedankte mich für ihren Einsatz. Einer gab mir noch beim Abschied die Hand.
Meine Erfahrung immer wieder nach etlichen Jahren Aufenthalt in verschiedensten Ländern dieser Welt: Selbst freundlich und korrekt sein - und das Gegenüber ist es auch. Egal, wo man ist.
Die Polizisten sagten noch, dass mehrere Diebstähle in dem Wohnviertel passiert wären. Als sie gingen, war es schon fast Mitternacht.